REDE

 

 

Eröffnungsrede anlässlich der Ausstellung

„HEIMAT“

Im „The New Yorker Hotel“
Während der „Langen Nacht der Museen“ l Köln

Photokunst von Anne-Marie von Sarosdy
von Herrn Prof. Dr. Manfred Schneckenburger

Meine Damen und Herren, um das schlimme Wort gleich wieder los zu werden, das vermutlich ohnedies durch etliche Köpfe geistert: Ist das Kitsch?

Weiter ausgeholt : Warum ist Kitsch SCHLIMM?
Und noch weiter, vielleicht zu weit gefragt: WAS ist KITSCH ?

Der Komponist Richard Strauss nannte ihn eine „Gemütskiste“ und schrieb später in einem Brief: „Warum muss man 70 Jahre alt werden. Um zu erkennen, dass man eigentlich zum Kitsch die meiste Begabung braucht.“ Nun ist Strauss kein beliebiger Schlagerfabrikant, sondern einer der meist gespielten Opernkomponisten überhaupt.
Nur musikalische Fundamentalisten, die gerade noch Bach gelten lassen, schwelgen NICHT in Walzerseligkeit, wenn der Vorhang sich zum „Rosenkavalier“ hebt. In ganz andere Bezüge führt eine Äußerung des Dichters Arno Holz: „Beim Ersten, der Liebe auf Triebe reimte, war das eine Genietat, beim hundertsten Idiotie – oder Kitsch!“ Ganz so glatt scheint das alles nicht zu laufen mit dem Unwort. Deshalb verspreche ich Ihnen, dass ich den denunziatorischen Zungenschlag nicht mehr in den Mund nehme und bekenne mich zu meinem Zwiespalt zwischen der Lust an übersüßen Früchten und der gängigen Einsicht, dass zu viel Süße auch der Fotografie nicht bekommt. OHNE Widersprüche gibt es keine Annäherung an das, was vorläufig zum letzten Mal „Kitsch“ heißen soll.

Zwei Erklärungsmuster stehen also an. Einmal die „Gemütskiste“, die von Emotionen trieft. Zum anderen die abgedroschene Floskel, die für „echte Gefühle“ restlos leer geräumt ist. Das erste Stichwort steht für gefühligen Überschaum, das zweite für Hilflosigkeit gegenüber Formbewältigung und Authentizität.