In den fünfziger und sechziger Jahren gab es in der Nachfolge  der katastrophalen äußeren Zerstörungen infolge des Unrechts der Nationalsozialisten , dem Niedergang und der Zerstörung der meisten tragenden kulturellen Werte,  eine Blütezeit des deutschen und österreichischen Heimatfilms und  Heimatromans.

Die Landschaften, die in diesen Bildern auftauchen, sind immer Landschaften, die durch den Krieg nicht zerstört wurden, das soziale Milieu ist überwiegend das Land und Dorfmilieu, nicht dass der großen, zerstören Städte.
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Typische Merkmale des  inhaltlichen Geschehens sind durchkreuzte Heiratspläne, die sich wieder zum Guten wenden , die Rettung des angestammten Familienbesitzes, auch die Auseinandersetzung mit ungeliebten Konkurrenten.

Werte  werden getragen durch Pfarrer,  Förster, Lehrer und Ärzte, die durch Wilderer, Schmuggler, Mitglieder sozialer Randgruppen wie Flüchtlinge oder ethnische Außenseiter bedroht sind.

Auch hier bedarf es nur der kurzen  Beschreibung,  um zu spüren, dass hinter der Oberfläche der heilen  Heimat die existenzielle Bedrohung und Zerstörung lauert.

Die latente Bedrohung der sozialen Strukturen, der individuellen Lebensentwürfe werden abgebildet vor dem Hintergrund eines als unzerstörbar suggerierten Naturraumes.

Diesen  aber gibt es spätestens seit Tschernobyl und Fukushima nicht mehr .

Der englischen Psychoanalytiker Winnicott spricht davon, dass es im ganz frühen Dialog zwischen Mutter und Kind nicht um einen direkten Austausch von Informationen oder Gefühlen geht, sondern, dass es vom ersten Lebenstag an zwischen Mutter und Kind eine Kluft gibt, in die  Einflüsse der äußeren Welt in eindringen können und so den Kontakt zwischen Mutter und Kind entscheidend mitprägen  und verändern können.  Winnicot spricht von einem so genannten intermediären Raum.

Dies ist der Raum, in  dem erste kulturelle Erfahrungen in Niederschlag finden in der Art und Weise,  mit dem Kind umgegangen wird, der Rhythmus von Ernährung und Sauberkeitserziehung, die Symbole und Mythen  in Kinderliedern und Pflegeritualen, die alte spezifische soziale und kulturelle Tradition haben. Gleichzeitig symbolisieren sie die ersten Erfahrungen,  die Sehnsucht , gehalten zu werden, verbunden mit der Erfahrung von Verlust, Abgeschiedensein und Trennung.

Ein anderer aus dem amerikanischen Kulturbereich stammender Psychoanalytiker, Arnold Modell, spricht von den sog. „Facts of Life“. Dieses sind soziale  Dimensionen,  die für alle Menschen auf dieser Welt, zu allen unterschiedlichen Zeiten,  in allen kulturellen und historischen Dimensionen, gleich sind. Unterschiedlich ist nur die Art und Weise,  wie sie uns als Individuen begegnen. Die unterschiedliche Ausprägung schafft  das, was wir später als Kultur bezeichnen können.

Eine der ganz wesentlichen „Facts of Live“ ist das Erlebnis des Kindes, aus der Zweisamkeit des elterlichen Paares ausgeschlossen zu sein. Die Intimität des elterlichen Paares, wo die Sexualität nur ein, wenn auch ein wesentlicher Bestandteil ist, kann vom Kind nur geahnt, nicht aber wirklich geteilt werden.

Diese Erfahrungen des Anderssein, des Ausgeschlossenseins  sind grundlegende Erfahrungen  von Geschichtlichkeit, es gibt da etwas vor mir und außerhalb mit, was anders ist als   ich.

Die eigene Position zu dieser Dimension von Geschichte und Kultur ist eine zentralen Voraussetzung für die  spätere erwachsene Identität.

Auch hier spüren wir wieder die  doppelte Bedeutung von Verlust, Trennung und die existentielle Notwendigkeit, sich zugehörig fühlen zu wollen..

Warum aber haben wir als Deutsche so ein gebrochenes Verhältnis zum Begriff der Heimat? Warum fühlen wir uns von der Folklore anderer Kulturen und Nationen so angezogen und erleben diese so viel ungebrochener?