Haben die Nazis uns die Heimat kaputtgemacht? Oder haben die Nazis schon ein konflikthaftes  und gebrochenes nationales Selbstverständnis durch Überhöhung illusionär zu heilen vorgegeben, was den schmerzhaften Absturz noch eher verständlich werden lässt.

Bleiben wir in unserer Heimat.
1989 fiel die Berliner Mauer. Danach setzte ein unaufhaltsamer Prozess ein, der sich den Namen gab: die Wiedervereinigung. Aber: ist dieses Deutschland,  in den wir seit 1989 leben, ein wiedervereinigtes Deutschland? Dieses würde bedeuten, dass es dieses nun wiedervereinigte Deutschland schon einmal gegeben hat, und dass es nur wieder zusammengefügt worden ist.

Dies ist die reine Magie.
Das gegenwärtige Deutschland hat es in der aktuellen Form nie geben. In dem  Bild des wiedervereinigten Deutschlands wird aber die Fantasie eines einheitlichen deutschen Reiches wiederbelebt. Dieses Deutsche Reich hatte es, streng genommen, nur 73 Jahre lang gegeben, das heißt,  ein Menschenleben lang. Es geht zurück auf Reichskanzler Bismarck, der aber alles andere vorhatte,  als ein gesamtdeutsches Reich zu schaffen, sondern eine Vorherrschaft der Preußen.

Dieses Deutsche Reich hielt, wie gesagt,  ein einziges Menschenleben lang. In diese Zeit geschahen  die größten Katastrophen der europäischen Geschichte: zwei verheerende Weltkriege und 1000 Jahre nationalsozialistischer Perversion.

Vor diesem Hintergrund wird  das offensichtlich tabubesetzte, schuld- und schamhaft belegte  Heimatbild der Deutschen, das sich ausdrückt in den vielen tausenden kleinen Heftchen, in einer riesigen deutschtümelnden Musikindustrie, und nie wirklich zum offiziellen Kulturbetrieb gehörend, verständlich.

Einen letzten Gedanken noch zu dem Auge derjenigen Person, die uns den Blick auf die Heimat in den vorliegenden Fotografien, den Aufmachern  zu den Heimatromanen, ermöglicht.

Der große Filmemacher Wim Wenders,  ganz sicherlich auch er ein Protagonist des deutschen Heimatfilms, hat mal einen kleinen, schönen Artikel über das Fotografieren und Filmemachen geschrieben.: „To shoot pictures“.
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Hier weist Wenders darauf hin, dass ein Foto, ein Film nie allein die Oberfläche erfasst und abbildet, sondern immer etwas einschließt über die Hypothesen, den Entwurf dessen, der dieses Foto, diesen Film gemacht. Das heißt,  dass das Foto , der  Film,   Ausdruck eines Prozesses des sich Anverwandeln ist, und gleichermaßen uns Aufschluss gibt über den inneren Entwurf des Fotografen, den er hat , wenn sein Blick sich durch sein Objektiv auf den Gegenstand richtet.

Die Psychoanalytiker nennen dies die Projektionen, das heißt der andere, das Gegenüber wird zu einem Übertragungsschirm eigener inneren Bilder und Hypothesen, unbewußter Fantasien gemacht.

Ich möchte damit den Blick schärfen für das, was wir über die Fotografin  und ihre Auffassung über das Thema “ Heimat “ entnehmen können. Die Fotografin ist ungarischer Nationalität, stammt aus einer der großen alten Familien Ungarns. Sie lebt in Deutschland, schaut also gleichermaßen von außen als auch von innen auf die „Heimat“.

Wenn wir die Bilder gut genug anschauen, so werden wir gewahr, dass sie vielerlei Brüche enthalten, die sich nur oberflächlich als Ungenauigkeit erklären lassen. Das Gewehr in der Hand des Försters ist ein Gewehr,  was sich zu diesem Beruf  sicherlich nicht benutzen lässt, sondern vielleicht nur ein Luftgewehr, sein treuer Hund entstammt einer Rasse, die sich vielleicht zu allem eignet, nur nicht zur Jagd, die  schöne Heldin im fotografischen Heimat- Aufmacher entstammt vielleicht der polnischen Nation im und nicht der deutschen oder österreichischen. Alles in allem drängt sich bei genauerem Hinsehen der Eindruck auf von etwas Provisorischen.

Ist dies ein Mangel des Dargestellten oder fasst die Fotografin hier gerade den Kern ihres Anliegens?

Dazu noch einmal einen Gedanken von Elisabeth Bronfen : „Der Akt, auf denen wir uns einlassen, wenn wir uns über die Schwelle in diese virtuelle Heimat (der Roman, das Kino) begeben, bedeutet nicht mehr, aber auch nicht weniger als das Versprechen eines provisorischen Glücks. Diese kleinen Fluchten  aus der Wirklichkeit ins provisorische Glück benötigen wir im Leben, für die einen im Heimatroman, für die anderen vielleicht sogar in der Religion.
………………………………………………………………………………Dr. Kurt Husemann – Psychoanalytiker, Berlin