Ich schaue mich nun um in der Ausstellung und sehe Fotobilder von kühler Perfektion. Die Menschen wirken verhalten, ja, zurückhaltend und führen eher moderate statt exzessive Gefühle vor, ohne viel mehr als ein bekömmliches Lächeln aufzuwenden. Rosenwangige Schönheiten schürzen geschminkte Kusslippen und halten sich an ihren muskulösen männlichen Pendants fest. Der Blick der Frau bleibt auf plus/minus Unendlich gerichtet oder kokettiert direkt mit dem Betrachter. Man sieht und spürt, das hier professionelle Models agieren. Schubkarren, Rechen oder Axt erscheinen wie Attribute der Landarbeit, eher Symbole als benutzte Gerätschaften. Sommerfrische für Städterinnen, die auch bei der Arbeit ein frisch gestärktes Dirndl tragen und bäuerlich posieren. Diese Bilder sparen aus, was auf dem Land Dreck macht, riecht und stinkt. Sie sind nahezu aseptische Abstraktionen von der Wirklichkeit, deren Versatzstücke sie vorführen. „Gemütskisten“ sehen anderen aus und fühlen sich anders an. In dieser konsequenten Künstlichkeit, die Realitätsrelikte nur umspielt, liegt eine eigene Qualität der Fotobilder: Vorstellungswelt pur, ohne die Hässlichkeiten des Lebens. Ein permanenter Tagtraum, der in seiner Konsequenz zwischen Idealismus und – je nach Standort – Verlogenheit changiert. Eine imaginative Scheinwelt von rigoroser Ausschließlichkeit.
Die Berge allerdings sind nicht inszeniert, sondern echt. Hier wurzelt Anne-Marie von Sarosdys „Heimat“ mit ihren schweifenden Assoziationen.
Sie machen jedoch bei Felsen und Firnen einer Postkarten-Natur Halt. Dass die Berge wirklich aufragen und die Hütte wahrhaft auf der Alm steht, tritt zurück hinter einer kalkulierten Idealität, die keiner Wahrheit, sondern dem Einsatz als Kulisse, als Illusion, verpflichtet ist.
Die Fotografin führt Regie und unterwirft selbst die bayerischen Alpen ihrem starken Willen zum durchformulierten Bild, das Menschen wie Berge fest umschließt.